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Fachtagung Kommunale Bildungslandschaften Podium
Aus der Koordinierungsstelle
— November 2022

Fachtagung "Kommunale Bildungslandschaften: Nur mit Zivilgesellschaft!" am 14. November 2022, Bericht

115 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus der gesamten Bundesrepublik waren gekommen, um sich bei der Fachtagung „Kommunale Bildungslandschaften: Nur mit Zivilgesellschaft!“ am 14. November 2022 in Berlin zu informieren und über den neuesten Stand der Fachdiskussion auszutauschen. Am Vormittag wurden auf drei Podien der bisherige Weg und die Geschichte Kommunaler Bildungslandschaften, Erfahrungen aus der Praxis und die Gelingensbedingungen von Partnerschaften von Zivilgesellschaft und Kommune diskutiert und ausgelotet. Am Nachmittag wurden weitere wichtige Perspektiven in sieben verschiedenen Workshops vertieft diskutiert (Überblick über das Programm).

Zunächst ging es um Grundsätzliches. Was sind überhaupt Kommunale Bildungslandschaften? Jana Priemer, Co-Sprecherin der BBE-AG Bildung und Engagement und Zivilgesellschaftsforscherin, stellte klar, eine eindeutige wissenschaftliche Definition gebe es bisher nicht. Die Begriffe seien noch unscharf, auch wenn es bereits wichtige Eckpunkte gebe wie einen breiten Bildungsbegriff, der zugrunde gelegt werde, und der Blick auf das lebenslange Lernen, so dass eine große Vielfalt von Bildungsaktivitäten und -akteurinnen in das Konzept eingeschlossen ist. Manche sprechen eher von Engagementlandschaften als von Bildungslandschaften, beide sind nicht voneinander zu trennen. Jüngere Forschungen zeigen, dass jeder zweite Engagierte einen Bildungsbezug hat, aber nur jede zehnte Organisation, die dazu befragt wurde, sah sich in eine Kommunale Bildungslandschaft eingebunden. 70 Prozent sagte der Begriff nichts. Dabei existiert die Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bereits seit 2014. Hervorgegangen aus der bundesweiten Bildungsinitiative „Lernen vor Ort“ (2009 – 2014) begleitet sie bundesweit Kommunen beim Aufbau eines systematischen, datengestützten Bildungsmanagements auf lokaler Ebene. Bedarf soll erhoben werden, Akteure und Akteurinnen vernetzt, Bildungsaktivitäten vor Ort sich daran orientieren und aufeinander abgestimmt werden.

Aus der Praxis konnten dazu die Gäste aus Freiburg (Breisgau) und dem Burgenlandkreis (Sachsen-Anhalt) berichten. Hartmut Allgaier, Leiter der Stabsstelle des Freiburger Bildungsmanagements, hielt fest: “Eine Kommunale Bildungslandschaft zu gestalten, ist ein Prozess, der nie abgeschlossen ist. Es gibt Hochs und Tiefs, einiges hängt von Personen ab, immer wieder muss erneut Überzeugungsarbeit geleistet werden!“ Grundvoraussetzung dafür seien aber vor allem geeignete, gewachsene Strukturen der Kommunikation, des Austausches und der Steuerung. In Freiburg, das auch schon im Programm „Lernen vor Ort“ dabei war, wird die Zivilgesellschaft intensiv einbezogen, unter anderem in Form des Regionalen Stiftungsverbunds, den Dr. Berndt Tausch vorstellte, in dem heute 11 Stiftungen und ein Verein organisiert sind. Berndt Tausch, selbst Vorstand der step Stiftung, ist sich sicher: „Kluge Stiftungen kooperieren und schmieden verlässliche Allianzen, um einen Mehrwert für ihre Zielgruppen zu erreichen.“ Dies alles klingt nach viel Arbeit und Mühe, woher nimmt man dafür die Motivation? Landrat Götz Ulrich aus dem Burgenlandkreis, der stolz auf die vielfältigen Aktivitäten seines Bildungsbüros mit 12 Mitarbeitenden verweisen konnte, hatte eine eindeutige Antwort: „Meine Motivation ist vollkommen klar: Ich will meine Region zukunftsfest machen, darum bin ich Kommunalpolitiker!“. Dass Bildung dafür der Schlüssel ist, sei Konsens in seiner Kommune und auch für die Landesebene in Sachsen-Anhalt selbstverständlich, mit der man Hand in Hand arbeite.

Wie können, wie sollten solche Partnerschaften vor Ort gestaltet sein, wer wirkt daran mit, auf welche Rahmenbedingungen kommt es an? Dies war Thema der dritten Gesprächsrunde mit wichtigen Fragen: Kooperieren die einzelnen Akteure aus der Zivilgesellschaft untereinander schon (genug) miteinander? Nicht immer, wie Kerstin Hübner, Leitung Kooperation, Bildung, Innovation der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ), bereits eingangs geäußert hatte, wenn zu viele Einzelne mit verschiedensten Projekten auf eine Kommune zugingen. Sind sich zivilgesellschaftliche Akteurinnen überhaupt bewusst, dass sie auch Bildungsgestalter sind (Jana Priemer)? Werden zivilgesellschaftliche Organisationen als gleichrangige Partnerinnen von Kommunen gesehen und sind sie auch dementsprechend ausgestattet mit Ressourcen, das fragte Josef Ahlke, Stiftungsratsvorsitzender der BürgerStiftung Erfurt, und auch: Wie finden neue zivilgesellschaftliche Akteure den Weg in die Kommunale Bildungslandschaft?

Einiges war unumstritten: Dass in Sportvereinen auch Demokratie erfahren, geübt und gelernt wird (Michaela Röhrbein, Vorstand Sportentwicklung beim Deutschen Olympischen Sportbund, DOSB), dass politische Bildung generell auf Erfahrungslernen angewiesen ist und diese besser außerhalb des klassischen Fachunterrichts der Schule gelingt (Dr. Ansgar Klein, Geschäftsführer des Bundesnetzwerkes Bürgerschaftliches Engagement (BBE)), aber auch dass Kommunale Bildungslandschaften nicht automatisch Exklusion abschaffen. Auch darüber, dass seit 2014 Wichtiges erreicht wurde, dass die kontinuierliche Förderung von Kommunalen Bildungslandschaften in Form der „Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement“ und des neuen Bundesprogramms „Bildungskommunen“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das mit Dr. Thomas Greiner, Unterabteilungsleiter, ebenfalls auf dem Podium vertreten war, sehr wertvoll ist, um das Querschnittsthema Bildung in Kommunen besser zu verankern und auf die Agenda zu heben, herrschte Einigkeit.

Allerdings ist noch viel zu tun. Sabine Süß, Co-Sprecherin der BBE-AG Bildung und Engagement,  Leiterin der Koordinierungsstelle des Netzwerkes Stiftungen und Bildung und Moderatorin der  beiden Gesprächsrunden, wünschte sich vor allem mehr Mut von den zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren, eine gemeinsame Stimme zu finden, hörbar und noch viel sichtbarer zu werden. Selbstbewusst darzustellen, was Zivilgesellschaft an Bildungsbeiträgen leistet und wie diese den gesellschaftlichen Zusammenhalt und letztlich die Demokratie festigen: „Bildung muss auf kommunaler Ebene Thema Nr. 1 werden. Warum das nicht so ist, frage ich mich schon seit 15 Jahren!“ Dem wollte niemand widersprechen, auch wenn Gründe benannt wurden, warum dies noch nicht erreicht sei. Daniela Schneckenburger, Beigeordnete Bildung, Integration, Kultur, Sport und Gleichstellung des Deutschen Städtetages, verwies mehrfach auf die weit verbreiteten, unsicheren und kurzfristigen Finanzierungen von Bildungsprojekten und den Bildungsengagierten. Sichtbarkeit herstellen zu können, erfordere Kontinuität, so ihr Plädoyer. Das unterstützte Dr. Ansgar Klein, der daran erinnerte, dass das neue, in der Diskussion befindliche Demokratiefördergesetz genau dies zum Ziel habe.

Ein wichtiger Anfang ist gemacht für mehr Kontakt, mehr Kooperation, mehr Austausch. Die Veranstalterinnen, die BBE-AG Bildung und Engagement und das Netzwerk Stiftungen und Bildung, die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) arbeiten gemeinsam weiter an der Vernetzung und der Sichtbarkeit. Alle, die das unterstützen wollen, sind herzlich eingeladen.

 

Weiterführende Informationen:

Checkliste Kommunales Bildungsmanagement (ist hier als Download zu finden)

Lokale Stiftungsverbünde

Glossar zu Bildungsbegriffen

 

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Sabine Süß
Leitung
(030) 439 71 43 -10
Zuletzt bearbeitet: 03. März 2023
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